
Alles eine Sache der Übung? Übung macht die Meisterin? Fast. Üben ist zwar eine notwendige aber noch keine hinreichende Bedingung für das Können und schon gar nicht für großes Können. Hinreichend meint so etwas wie ein logischer Mechanismus, eine unvermeinliche Konsequenz. Und wann ist Üben eine hinreichende Bedingung? Dann wenn richtig oder eben meisterlich geübt wird. Drei Bedingungen müssen gegeben sein, um von meisterlichem Üben sprechen zu können.
Einlassen Ich muss mich voll auf die Sache einlassen, also üben jenseits der Oberfläche, jenseits des symbolischen Agierens oder Konsumierens, das nur auf Scheineffekte oder auf Statusgewinn ausgelegt ist. Ein wenig herumschrauben oder abwickeln wird nichts Großes hervorbringen.
Lieben Ich muss den Weg zu den Ergebnissen lieben. Nur die Ergebnisse zu lieben reicht nicht. Wer gut in etwas sein will muss es leben, wer es leben will, muss es lieben. Viel Zeit auf etwas zu verwenden, wovon man nur die letzten drei Prozent mag, widerspricht dem Sinn des Lebens. Sich durch Sport zu quälen, weil das Gefühl danach so schön ist und man es wieder hinter sich hat ist eine zweifelhafte Haltung.
Ruhe Ich muss drittens den Weg in Ruhe gehen. Das heißt nicht, dass alles nur langsam und mit viel Gspüri-Fühli ablaufen soll. Druckresistenz und Robustheit kommt nicht von Zeitlupe und Watte. Ruhe meint, bei sich zu bleiben. Ein paar wenige Prozent Posing und Show gehen schon durch, aber der Vergleich, der Ehrgeiz, die Wichtigmacherei lenken nur von echtem Lernen oder Entwicklung ab.
Wenn Übung so konzipiert ist, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich Zufriedenheit und Freude an den Ergebnissen einstellt.
Diese drei Bedingungen umzusetzen ist eine Nummer, steht doch nichts anderes als Transzendenz und Erfüllung auf der Belohnungsliste. Aber letztlich ist es auch nur eine Übung, irgendwann eine Gewohnheit, irgendwann eine Haltung.
Alle Kunstformen und praktischen Künste machen dieses meisterliche üben selbst zum Gegenstand des Übens, des Wegs. Sei es in der Kunst des Musizierens oder der in Bildhauerei, in der Kunst des Verhandelns, in der Kunst der Konfliktbewältigung, in der Kunst einer Excel-Tabelle, in der Kunst der Herstellung von Apfelstrudeln, in der Kunst des Mitarbeitergesprächs oder in der Kunst des Karate …