• Effizienz
  • Stabilität und Ad Astra

Häufigkeit, Dauer und Intensität


Kenneth Schipper Vera | unsplash | Immer nur eine der netten Säue durch das Dorf jagen

Mit der Methode der systematischen Belastungssteuerung nach dem Prinzip Häufigkeit, Dauer, lässt sich im Laufe der Zeit jedes realistische Maß an Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit erreichen. Dieses Prinzip verlangt keine übermäßige, andauernde Disziplin und Überwindung, weil erst zur nächsten Stufe übergegangen wird, wenn sich der Körper und der Kopf an die vorherige Stufe gewöhnt hat. Gewinnt die Ungeduld, reagiert der Körper mit Verletzung, Krankheit oder dem gefürchteten Trainings-Burn-Out oder dem Jo-Jo-Effekt.

Der Körper verfügt Zeit seines Lebens über Mechanismen der Erhaltung und Anpassung der Belastbarkeit. Der Schlüssel für den Erhalt ist das regelmäßige Training. Übersteigt das Training die bestehende Belastbarkeit, passen sich die Muskulatur, das Gewebe, das Herz-Kreislaufsystem, der Stoffwechsel über das Prinzip der Superkompensation an gestiegene Belastungen an. Entscheidend für den Erhalt und die Anpassungsreaktion ist die Regeneration. Im Training wird der Reiz gesetzt, in der Pause wird der Verfall ausgeglichen bzw. geschieht das Wachstum.
Auch die Psyche passt sich an, in dem sie Gewohnheit entwickelt. Zu Beginn muss man sich für neue Gewohnheiten eine gewisse Zeit lang leicht überreden bzw. überwinden. Dann entsteht nach ein paar Wochen, Gewohnheit, dann so etwas wie ein Sog – es fühlt sich dann eher komisch an, wenn man der Gewohnheit nicht folgt.

Für die Phase des Aufbaus gibt es eine einfache Formel: Erst die Häufigkeit, dann die Dauer, dann die Intensität. Ist das Ziel, jeden Tag ein 30 minütiges, ganzheitliches Karate Training zu absolvieren, dann ist der erste Schritt die Etablierung der Häufigkeit. Dazu ein unumstößlicher Grundsatz: Wenn sich irgendwann eine positive Wirkung von Training auf den Körper und den Geist einstellen soll, gibt es nur eine Option: jeden Tag. Also besteht die erste Gewöhnung darin, jeden Tag eine Trainingseinheit zu etablieren. Die beste Zeit für eine Trainingsroutine ist der frühe Morgen. Das ist in der Regel die einzige Zeit, über die Sie frei bestimmen können. Sie müssen nur früher aufstehen als bisher.

Wenn du schnell
vorwärtskommen willst,
gehe langsam

Gewöhnen Sie sich also langsam an morgendliches Training. Stehen Sie 30 Minuten früher auf, springen schnell in die Kleider und machen einen Spaziergang um den Block. Nicht mehr? Nein. Eine wichtige Regel des Change-Managements lautet: nie mehr als eine Sau gleichzeitig durchs Dorf treiben. Wenn Sie zu viel Veränderung auf einmal angehen, werden Sie nicht lange durchhalten. Das bedeutet, dass der Vorsatz morgendliches Training zu etablieren in Etappen passieren muss. Erst früher aufstehen, dann früher ins Bett gehen, dann ggf. das Abendessen nach vorne ziehen, dann nach einiger Zeit spezifische Übungen statt Spaziergang.
Drei einfache Techniken mit zehn Wiederholungen auf beiden Seiten, in Zeitlupe ausführen. Das wird ungefähr 10 Minuten dauern und Sie schon mehr anstrengen als der Spaziergang. Den Rest der morgendlichen Frühaufsteher-Zeit tun Sie einfach nichts. Wenn Sie sich an dieses tägliche morgendliche Küchenkarate gewöhnt haben, steigern Sie die Wiederholungsanzahl, also die Dauer. Wenn Sie sich daran gewöhnt haben, können Sie irgendwann die Intensität steigern, indem Sie einige jeweils 5 Wiederholungen schneller ausführen. Den Ort können Sie zu einem späteren Zeitpunkt ändern, z.B. nach draussen verlagern. Hier fangen Sie wieder neu mit der Gewöhnung an, weil es etwas anderes ist, draußen bei jedem Wind und Wetter statt in der Küche zu trainieren.

Noch eine Anmerkung zur Dauer. Um einen guten Trainingszustand zu erreichen ist es wichtig, verteilt über den ganzen Tag in Bewegung zu bleiben. Sie können die Dauer der Bewegung des Tages leicht erhöhen, wenn Sie z.B. eine gewohnte Strecke zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen, statt mit dem Auto oder mit der U-Bahn. Schrittzähler geben Ihnen ein gutes Ziel und Feedback.

Diesen langsamen aber stetigen Trainingsaufbau, die kontinuierliche Steigerung der Belastung alleine hinzubekommen ist natürlich möglich, aber gar nicht so einfach. Die Schwierigkeit dieses Vorgehens liegt in seiner Einfachheit. Die häufigsten Gegenspieler sind die zu schnelle Steigerung, die zu große Menge der Veränderungen oder das unsystematische Trainieren.

Es gibt eine Reihe von unerläßlichen kleinen Tricks, wie Trainingstagebücher, Dranbleibenkalender oder spezifischen Trainingspläne. Wenn Ihr knappstes Gut die Zeit ist und der größte Wunsch die Stabilisierung Ihres Lebens durch regelmäßiges Training des Körpers und des Geistes ist, lassen Sie sich bei den vielen kleinen Stellschrauben und Tricks helfen. Im vollen Galopp ohne Unterstützung von Außen die Pferde zu wechseln ist eher nicht möglich.

© Mathias Raths

Dranbleibenkalender


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Aggressionen | Mathias Raths | Magazin Karatewerkstatt | zum Artikel
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